Samstag, 2. Juli 2011

02.07.2011

Abgesehen davon, dass meine Laune so wechselhaft ist wie das Wetter, muss ich zugeben, dass ich eigentlich extrem glücklich sein müsste.
Ich habe alles.
Erfolg, Glück, Freiheit, Liebe...
Mein Gott, was will ich eigentlich?
Ich lese grade die Kladde, die im letzten Jahr zu meinem persönlichen Reich geworden ist.
Ich hab alles hineingeschrieben, alle Kurzgeschichten, Gedichte, Gedanken festgehalten.
Dementsprechend ist vieles nur in Fetzen vorhanden.
Aber man findet auch echte gute Sachen darin.
Das eine Gedicht (oder... was ist es eigentlich?) hatte ich schon wieder total vergessen.
Aber es ist eigentlich ganz süß.
Nicht das Beste aus der Kladde, aber die besten Sachen wären wahrscheinlich auch zu persönlich.
Also:

Ich gebe dir nur meine Hand.
Was tust du damit?
Du könntest...

...ihr einen galanten Handkuss geben.
...sie mit winzigen Nadeln durchbohren.
...sie kunterbunt anmalen und für die Kunstausstellung Massen an Eintritt verlangen.
...sie mir wieder zurückgeben.
...sie als Lesezeichen verwenden.
...alle ihre Linien deuten.
...sie bei Ebay versteigern.
...die Fingerabdrücke in eine Kartei aufnehmen.

Aber am besten würde es mir gefallen, wenn du sie in deine Hand nehmen und wärmen würdest.

Eigentlich total kitschig und leicht bekloppt.
Aber naja.
Ach wie süß, ich hab noch was gefunden. Eine Kurzgeschichte.

Der Tag, an dem ich begann, die Schokolade zu essen, ist jetzt ganze zwei Jahre her.
Davor hatte sie schon lange in der Schachtel gelegen, unberührt, aus Angst, die Erinnerung an ihren Spender zu vernichten.
Ich weiß nicht mehr, wieso ich an gerade diesem Tag begann, sie zu essen.
Es war später Herbst, fast schon Winter, und draußen verschwand die Sonne hinter den schwarzen Spitzen der Bäume.
Ich saß in meinem Wohnzimmer, dachte nach und beobachtete die Kerze flackern.
Ihr Licht zog den Schatten der Schachtel lang, ließ ihn zucken und schob ihn über den Holztisch.
Lange saß ich nur da und beobachtete ihn, als sei er lebendig, echt, und nicht nur der Schatten eines Gegenstandes.
Wieder musste ich an ihn denken, an den Mann, der mir einst die Schachtel geschenkt hatte.
An sein Lächeln, seinen Blick und seine Schritte als er ging.
Die Schachtel hatte er da gelassen, sie war das, was mir von ihm geblieben war.
Ich hatte sie in den letzten Jahren mehrmals geöffnet, hineingesehen, und sie wieder geschlossen, nur den Duft der Schokolade eingeatmet, ohne sie einmal anzurühren.
An diesem Herbsttag also zog ich die Schachtel wieder ein Stück zu mir heran.
Vorsichtig hob ich den Deckel an und der wohlbekannte Duft strömte heraus.
Ich kann nicht mehr genau sagen, was es war, das mich dazu brachte, mir nur ein Stück der Schokolade abzubrechen.
Ich tat es einfach, und steckte es mir schnell in den Mund.
Es war, als äße ich zum ersten Mal in meinem Leben Schokolade.
Sie schmeckte süß-bitterlich und zerging auf der Zunge.
Ich schloss die Schachtel wieder.
In den folgenden Wochen aß ich jeden Tag ein Stück der Schokolade.
Irgendwann war die Schachtel leer.
Aber mir ging es besser.
Ich denke viel an diesen Tag zurück, weil er mich verändert hat.
Ich habe es nie geschafft, den Mann, der mir die Schokolade geschenkt hat, zu vergessen, aber ich habe es geschafft, ohne ihn zu leben.
Und das verdanke ich seiner Schokolade.

Okay, war doch etwas länger als ich gedacht hatte.
Dann hör ich mal auf für heute, euch mit meinen literarischen Versuchen zu quälen.
:D

LG,
RB 

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