Donnerstag, 15. Juli 2010

15.07.2010

Heute werde ich aufschreiben, was gestern und vorgestern passiert ist, weil ich heute nicht viel gemacht habe.

Die Theateraufführung am Dienstag ist gut gelaufen, alles wunderbar. Danach war ich mit meiner Familie noch Tapas in einem spanischen Restaurant essen.

Der Mittwoch war unglaublich. Ich zähle chronologisch auf:

1. Ich bin zur Schule gegangen, um dort noch eine allerletzte Stunde Sport vor den Ferien mitzuerleben. Es war die Hölle. Einfach nur heiß und ich habe richtig geschwitzt.
In der Pause danach hab ich dann vorzeitig mein Zeugnis abgeholt, damit ich noch zur Beerdigung von meiner Uroma gehen konnte. Alles super, sogar besser als erwartet, ich hab einen Durchschnitt von 1,7.
Dann bin ich von meiner Mutter abgeholt worden, hab mich zu Hause umgezogen und wir sind nach E. zur Beerdigung gefahren.

2. Der Friedhof war wunderschön. Es war ruhig und grün, Baumwipfel schaukelten über den Gräbern und Schmetterlinge flatterten über die schmalen Wege. Als wir kamen, saß ein älterer Herr mit einem grauen Zopf im Nacken auf einer Bank. Es war mein Opa, der, der sich seit Jahren nicht gemeldet hatte. Ich habe seine neue Frau kennengelernt, die ich irgendwie seltsam fand und ich habe zum allerersten Mal meine Großtante, seine Schwester, getroffen. Eine Powerfrau mit leicht angegrauten Locken und einem total süßen Lächeln.
In einer kleinen Kapelle wurde ein kurzer Gottesdienst abgehalten. Die Worte haben mich eher wenig berührt, aber als "Somewhere over the Rainbow" aus Alice im Wunderland gespielt wurde, fiel es mir auf einmal unheimlich schwer, den dicken Kloß in meinem Hals herunterzuschlucken. Ich wollte nicht weinen, nicht vor all den Leuten, die ich noch nicht so gut kannte. Wir haben Blumen und Erde auf den Sarg im Grab geworfen und noch ein wenig in einem kleinen Restaurant gegessen. Mein Opa, den ich erst jetzt kennengelernt habe, hat gesagt, dass wir jetzt auf jeden Fall in Kontakt bleiben sollten und er hat mir und meinem kleinen Bruder 30 Euro Urlaubsgeld gegeben.
Nach der Beerdigung war ich tatsächlich richtig glücklich.

3. Ich hatte nach der Beerdigung noch Klavierunterricht. Als ich an der Musikschule ankam, hatte ich noch fünf Minuten Zeit und bin noch auf die Toilette gegangen. Als ich von dort zum Unterrichtsraum gekommen bin, stand er da. J. Er hat etwas auf der Infowand gegenüber gelesen. Mein Herz ist erstmal stehen geblieben und ich glaube ich habe ihn ziemlich doof angeglotzt. Glaubt ihr, dass man Blicke im Rücken spüren kann? Ich bin mir nicht ganz sicher, denn als ich ihn ansah, hat er sich in meine Richtung gedreht und mich direkt angeguckt. Ich habe versucht, ein bisschen zu lächeln, zum Zeichen, dass ich ihn erkannt hatte, aber von ihm kam keine Reaktion. Seine Augen blieben leer und ausdruckslos. Er hat so tolle Augen. Ich bin in den Unterrichtsraum gegangen und hatte Klavierunterricht.
Als ich hinauskam, saß er auf einem Stuhl im Foyer. Er hat mich nicht mal mehr gesehen.

4. Als ich vom Klavierunterricht zurückgekommen bin, hat meine Mutter gerade ein Telefongespräch beendet. Sie hat mir erzählt, wer es war. Ihre Mutter, meine Oma. Sie haben sich gestritten und ich war der Auslöser. Meine Oma war beleidigt, als meine Mutter ihr erzählt hat, dass ich meinen Opa auf der Beerdigung nett fand. Sie meinte, sie reißt sich dauernd den Arsch für uns auf und wir würden sie überhaupt nicht mögen. Noch nicht einmal anrufen würde ich ab und zu. Ich habe geheult. Wegen meiner Oma, die uns verleugnet, weil sie unsere Liebe nicht erzwingen kann und wegen J, dessen Liebe ich niemals bekommen werde.
Am späten Nachmittag saß ich in meiner Hängematte, total frustriert, hab nach draußen geschaut, wie der Sturm den Baum vor meinem Fenster malträtiert hat und habe "Wonderful Life" von Hurts im Radio gehört. Am Abend aber, als ich ins Bett gegangen bin, war der Sturm vorbei und im Westen ging die Sonne hinter den Häusern unter.

Bis nach einer Woche (Ich bin im Urlaub),
RB

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